März 2025

Die Kraft der Selbstempathie – Wie Du Kraft und Klarheit von Innen schöpfst.

Hand aufs Herz: Bist Du so einfühlsam mit Dir selber wie mit Deiner besten Freundin oder Deinem besten Freund? Bist Du bereit, Dir selber so zuzuhören, wie Du einem Menschen zuhörst, den Du besonders schätzt? Wie wichtig die Fähigkeit der Selbsteinfühlung ist, zeigen die neusten Ergebnisse aus der Gehirnforschung: Nachsicht mit sich selbst trägt massgeblich zur seelischen und physischen Gesundheit bei.

Abwertende Selbstgespräche drücken auf die Stimmung.

Wie fast jeden Morgen hastet Sandra auf den Zug. Das war wieder einmal knapp – um ein Haar hätte sie ihn verpasst. Sie ärgert sich über sich selber: «Wieso kann ich nicht rechtzeitig aus dem Haus gehen?!? Muss ich wirklich jeden Morgen aufgelöst im Büro ankommen?» Im Zug öffnet Sandra ihre Tasche und wühlt nach ihrem Smartphone. Da fällt es ihr wie Schuppen von den Augen: Das Handy liegt noch zu Hause auf dem Esstisch. «Super! Wie kann man nur so blöd sein?!?» schimpft sie leise vor sich hin. Als Sandra im Büro ankommt, ist sie bereits abgekämpft und genervt. Das fängt ja wieder mal gut an … 

Urteile und Selbsturteile sind verpackte Bedürfnisse und Gefühle. 

Ehe sie sich versieht, fliesst ihr Groll wie ein schleichendes Gift in den Arbeitstag und produziert ein nervendes Ereignis nach dem anderen. Statt einen Moment innezuhalten und sich selber zuzuhören, wie sie einer guten Freundin zuhören würde, verurteilt sich Sandra dafür, dass sie schon so früh am Morgen gestresst ist. Die Art und Weise, wie wir in schwierigen Situationen mit uns umgehen, trägt massgeblich dazu bei, ob wir seelisch und gesundheitlich ausgeglichen sind oder nicht. Was viele schon intuitiv wissen, wird mit Forschungsergebnissen der University of Texas in Austin belegt: Wer empathisch (einfühlsam) mit sich selber ist, leidet seltener unter Depressionen und Ängsten. Auch Schicksalsschläge werden besser verkraftet als bei Menschen, die sich eher kritisch begegnen. Selbstempathie ist ein wesentliches Element der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Sie zeigt auf, wie wir aus der Dynamik der Selbstvorwürfe wieder in eine Lebenskraft zurückfinden, die uns auch in hektischen Momenten handlungsfähig hält. Der Schlüssel dazu liegt bei den Gefühlen und dem Wunsch, sich Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn es gelingt, damit in Kontakt zu kommen, entspannt sich der Körper und wir können wieder mit klarem Kopf denken. 

Im Zentrum unseres Lebens stehen unsere Bedürfnisse. 

Bewusst oder unbewusst streben wir danach, diese zu erfüllen, denn sie tragen zu unserem emotionalen, physischen und seelischen Gleichgewicht bei. Ob ein Bedürfnis erfüllt wird oder nicht, können wir an unseren Gefühlen erkennen. Wird zum Beispiel unser Bedürfnis nach Ruhe erfüllt, fühlen wir uns entspannt. Umgekehrt können wir uns genervt oder erschöpft fühlen. Ist das Gefühl unangenehm, suchen wir die Schuld gerne in unserem Umfeld oder ärgern uns über uns selber. Wie lässt sich das vermeiden? Wichtig ist, sich mit dem zu verbinden, was wir brauchen. Wenn Du Dich fragst, wie es Dir gerade geht und welches Bedürfnis sich durch dieses Gefühl meldet, dann fallen Dir oft von ganz alleine Lösungen ein, dieses zu erfüllen. Dadurch wirst Du handlungsfähig und übernimmst die Verantwortung für Dein Wohlbefinden.   

Selbstmitgefühl bringt die gute Laune zurück.

Frage Dich nicht, was Du falsch gemacht hast, sondern was Du brauchst. Sandra geht zum Pausenraum und lässt einen Kaffee aus der Maschine. Sie nutzt die Zeit, um in sich hineinzuhören. Sie fragt sich: «Wie geht es mir jetzt in diesem Moment, wenn ich daran denke, dass ich heute um ein Haar den Zug verpasst habe? Ich bin müde – ja und irgendwie auch etwas traurig.» Dann überlegt sie, nach welchem Bedürfnis sie sich sehnt: Nach einem geruhsamen Start in den Tag? Nach ausreichend Energie, den Tag im Büro schwungvoll anzugehen? In dem Moment, da sie mit den Bedürfnissen nach Ruhe und Energie in Kontakt kommt, merkt sie, wie sie sich entspannt. Sie überlegt sich, was sie tun kann, um ihren morgendlichen Stress zu reduzieren und beschliesst, das Haus künftig mindestens zehn Minuten vor der Abfahrt des Zuges zu verlassen. 

Unsere Gefühle sind Wegweiser zu unseren Bedürfnissen. 

Obwohl Sandra schon viel ruhiger ist, merkt sie innerlich immer noch ein Unbehagen. Da ist ja auch noch die Sache mit dem Smartphone. Der Gedanke, dass sie heute für ihre Kunden nicht erreichbar ist, stresst sie sehr. Sie bleibt einen Moment mit ihrer Aufmerksamkeit bei dem Stressbefinden. Wohin lenkt sie dieses Gefühl? Schnell wird ihr klar, dass es ihr um Verlässlichkeit geht und sie gerne für ihre Kunden erreichbar sein möchte. Einmal mit ihrem Bedürfnis im Kontakt, zeigen sich auch schon erste Lösungsideen. Sie erinnert sich, dass sie Sprachnachrichten auch über das Internet abfragen kann. So hat sie die Möglichkeit, ihre Kunden trotzdem zurückzurufen. In der Zwischenzeit ist sie wieder am Arbeitsplatz. Ihre Stimmung hat sich merklich aufgehellt. Die Selbsteinfühlung hat ihr gutgetan und sie freut sich, ihren inneren Frieden und praktische Lösungen gefunden zu haben. 

Fazit: Höre Dir selber so einfühlsam zu, wie Du einem lieben Menschen Deine Beachtung schenkst. Das bringt Dich zurück in Deine Mitte. Deine Gefühle weisen den Weg zu Deinen Bedürfnissen. In dem Moment, da Du weisst, was Du wirklich brauchst, fallen Dir die passenden Lösungen meist ganz von alleine ein.