Veränderungen meistern: Wie unsere Gefühle uns dabei unterstützen
Leben bedeutet Wandel. Es gibt schleichende Veränderungsprozesse wie das Älterwerden oder auch abrupte Veränderungen durch ein unerwartetes Ereignis. Einigen davon jubeln wir entgegen, vor anderen fürchten wir uns. Etwas haben jedoch alle gemeinsam: Sie lösen Gefühle in uns aus, welche Veränderungsprozesse beflügeln oder erschweren. Lesen Sie, wie Sie Ihre Emotionen gewinnbringend für persönliche Veränderungsprozesse nutzen können.

Vor gut eineinhalb Jahren eröffnete sich mir ein Opportunitäts-Fenster. Ein ehemaliges Kirchengemeindehaus in der Nähe der bisherigen Seminarräumlichkeiten wurde neu vermietet. Ein ganzes Seminarhaus für uns zu haben, in dem in einer privaten Atmosphäre gemeinsam gelernt werden kann, war eine elektrisierende Vorstellung. Zudem hat es nebst den Büroräumlichkeiten Platz für ein kleines TV-Studio. Ich plante den Seminarraum technisch mit einer fest installierten Video-/Audioanlage auszustatten, so dass die Kursteilnehmenden Hybrid, d.h. physisch vor Ort, oder von zu Hause aus an den Seminaren teilnehmen können. Wie aufregend!
Damals waren wir mitten in der Covid-Pandemie und Präsenz-Seminare waren nicht oder nur beschränkt möglich. Ich fragte mich, ob es nach den Webinaren überhaupt wieder zu einer Nachfrage nach Präsenz-Seminaren kommen wird? Wollte ich wirklich diesen Schritt wagen? Ich hatte bereits ein schönes Büro und mietete seit fast 17 Jahren Jahren tageweise Seminarräumlichkeiten, mit denen ich sehr zufrieden war. Ich würde viel Vertrautes und gut Eingespieltes aufgeben, ohne zu wissen, ob meine Pläne baulich umgesetzt werden konnten. Ich war hin- und hergerissen zwischen freudiger Aufregung und Angst. Ich entschied mich letztendlich für meinen Lebenstraum, die Gewaltfreie Kommunikation in eigenen Seminarräumlichkeiten zu vermitteln und wagte diesen Schritt. Damit initialisierte ich auch eine emotionale Achterbahn.
Als der letzte Seminartag am alten Ort nahte, spürte ich eine innere Anspannung und befand mich nahe am Wasser. Gleichzeitig sagte mir meine innere Stimme: «Vera, stell dich nicht so an. Du hast dich entschieden, deinen Traum zu erfüllen. Jetzt steh dazu!» Anstatt meine Emotionen noch stärker zu bekämpfen entschied ich mich, ihnen Raum zu geben.
Dabei orientierte ich mich an der Arbeit der US-Ökophilosophin und Aktivistin Joanna Macy. Sie entwickelte ein Modell für den Umgang mit Veränderungen, welches aus vier Phasen besteht:
- Dankbarkeit,
- den Schmerz ehren
- mit neuen Augen sehen
- vorwärts gehen
Der Umbau unseres Seminarhauses erwies sich schwieriger als erwartet. Die Baubewilligung verzögerte sich. Gleichzeitig war ich die vertragliche Verpflichtung bereits eingegangen. Konnte die Vermieterin meine Träume überhaupt verwirklichen? Und würden wir die längst geplanten Seminare schon am neuen Ort durchführen können? Gleichzeitig nahte der Abschied vom vertrauten und bewährten Seminarraum. Kein Wunder, fühlte ich mich verletzlich! Ich tauschte Sicherheit und Klarheit gegen Unsicherheit und Unklarheit ein. Diese Erkenntnis ermöglichte es mir, bewusst in die erste Phase von Joanna Macy’s Veränderungsprozess einzusteigen.
Phase 1: Dankbarkeit für das, was war …
Ich liess die letzten 17 Jahre am alten Seminarort Revue passieren und feierte all die schönen Seminare mit den Teilnehmenden und die gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden der Vermieterin. Sie waren geprägt von gegenseitiger Wertschätzung und Wohlwollen. Bei diesen Gedanken kam eine innere Welle der Trauer hoch, eine Mischung aus Dankbarkeit und Abschiedsschmerz.
Phase 2: den Schmerz ehren …
Ja, ich würde viel Vertrautes loslassen. Und ja, die Herausforderungen beim Umbau verunsicherten mich. Doch in dem Moment, als ich meine Gefühle zuliess, begann sich etwas in mir zu verändern.
Phase 3: mit neuen Augen sehen …
Es schien, als würden die vorher blockierten Energien wieder fliessen. Und plötzlich freuten mich die schönen Dinge, die seit Umbau-Beginn bereits umgesetzt waren. Ich erkannte auch das Bemühen der neuen Vermieterin, meine Umbau-Vorstellungen im Rahmen des Möglichen umzusetzen. Wie nach einem klärenden Gewitter hatte ich die Sicht frei auf das Neue. Dieses Seminarhaus war eine grosse Chance und brachte mich meinem Lebenstraum näher.
Phase 4: vorwärts gehen … Mittlerweile sind wir in unser Seminarhaus eingezogen. Die Teilnehmenden und das The Coaching Company-Team fühlen sich sehr wohl. Wir geniessen die familiäre Stimmung, die das Lernen wunderbar unterstützt. Nach der Veränderung ist vor der Veränderung. Zur Zeit steht gerade der Launch unseres Blogs an, wir wollen unseren 20. Geburtstag dieses Jahr feiern und wir denken über neue GFK-Programme nach...
Schön, zu wissen, dass unsere Gefühle uns auf unserem Weg unterstützen.
Vera Heim